Wie in den vergangenen 3 Jahren fand auch dieses Jahr wieder der vom Landesnaturschutzverband  Baden-Württemberg (LNV) der Dachverband der baden-württembergischen Naturschutzvereineinitiierte landesweite "Tag der Artenvielfalt" statt. Aufgerufen wurden zu mehr als 200 Naturerlebnis-Aktionen bei denen die Schönheit und Vielfalt der heimischen Natur entdeckt werden konnte.

So haben wir uns auch  wieder als Sektion Böblingen des DAV an der Aktion beteiligt, unter dem Motto

"Tag der Artenvielfalt" im Naturschutzgebiet Venusberg

Unser Tag wurde wie in den vergangenen Jahren im Naturschutzgebiet Venusberg auf und um den Waldeckhof auf der Gemarkung  Deufringen veranstaltet. 

Das  Naturschutzgebiet Venusberg feiert dieses Jahr sein 40 jähriges Bestehen und weist die größten Heideflächen des gesamten Landkreises Böblingen aus. Schafe sind hier wichtig, da sie die Heiden in Form bringen und eindringendes Gehölz zurück halten und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Landschaftspflege.

Unsere Teilnehmer starteten um 14:00 am Waldeckhof mit einer Wanderung, wo wir u.a. unsere diesjährigen Blühwiesen besichtigen. Diese sind  ein Kooperationsprojekt, dass seit 2019 zwischen unserer Sektion und dem Landwirt Christian Walz vom Waldeckhof,  besteht.

Nach einer zweistündigen Wanderung waren wir gegen 16:00 auf dem Waldeckhof eingeladen, um bei Kaffee und Kuchen u.a. ein Vortrag vom Naturschutzwart des Schwarzwaldvereins Rolf Breitling über die Landschaftspflege des Gebietes  zu hören. Vielen von uns war Rolf Breitling  aus den vergangen Jahren durch seine Bienenbeiträge sicher noch in Erinnerung. 

Zu diesem Teil unserer Veranstaltung waren auch alle eingeladen, die aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr mit wandern konnten.  So hatten wir gemeinsam die Gelegenheit den Vortrag anzuhören und im Gespräch mal wieder alte Erinnerungen auszutauschen.

Landschaftspflege als solche hat in unserer Sektion jahrzehntelange Tradition, wenn auch in einer etwas anderen Art. Im Wechsel beteiligten wir uns bei der Gehölz Zurückdrängung der von Panzern geschaffenen Freiflächen im ehemaligen Panzerübungsgelände Böblingen.

Im jeweiligen Folgejahr haben wir in Eigenregie gemeinsam mit der IBM Wandersparte unter Leitung von Graf Bülow im Tübinger Forst Landschaftspflegemaßnahmen durchgeführt. Hier ging es vorwiegend um die Freihaltung der Grenzflächen der Wege, die in den früheren Jahren auch als Weideflächen benutzt wurden.

Wir waren dann mal gespannt, wie die etwas anders geartete Landschaftspflege in dem Naturschutzgebiet Venusberg von statten geht. Rolf Breitling Naturschutzwart des Schwarzwaldvereins hat sich bei seinem Vortrag vorwiegend an seinem Beitrag, der im Jahrbuch "750 Jahre Dachtel"  erschienen ist , orientiert. 

 

Der Storren, Naturschutz- und Erholungsgebiet

Oberhalb Dachtels erstreckt sich das 12,4 Hektar große und weit über die Gemeindegrenzen hinaus bekannte Naturschutzgebiet Storren. An einem Südhang mit nördlich anschließender Hochebene gelegen wird es von Naturliebhabern geschätzt. 

Die Wachholderheide  im Hangbereich ist von zahlreichen Einzelbäumen und Steinriegeln, Baum- und Heckenzügen, sowie Gebüschen durchzogen. Die Erhaltung dieser Biotope ist nur durch geeignete Pflegemaßnahmen sichergestellt. 

Beispielsweise erfolgt die Pflege bis heute größtenteils durch Schafbeweidung durch die ortsansässige Schäferei Schaible.  Durch die früher praktizierte Hütehaltung der Schafe übernahmen diese die Hauptarbeit.  Die mehrfach in kurzen Zyklen durchgeführte Beweidung war für die Zurückdrängung der Verbuschung von großem Nutzen. Betriebliche Veränderungen der Schafhaltung trugen jedoch dazu bei, dass sich die Zyklen der Beweidung verlängerten und damit das Wachstum der Hecken schneller voranschritt. Eine manuelle Pflege wurde unumgänglich.

Der Schwarzwaldverein Dachtel  übernahm deshalb 1995 unter dem damaligen Naturschutzwart Walter Frey die „Patenschaft“ zur Pflege des Storrens. Bis heute werden bei Bedarf von 10-12 freiwilligen Helfern Pflegemaßnahmen durchgeführt. Bei diesen Aktionen handelt es sich vorrangig um das Auflichten von Wachholder- und Gehölzständen, sowie das Freilegen von Lesesteinriegeln. Außerdem werden überalterte und verhockte Hecken auf Stock gesetzt, um die sich ausbreitende Verbuschung zurück zu drängen. Diese Tätigkeiten werden alle in schweißtreibender Handarbeit ausgeführt. Das anfallende Schnittgut im Hangbereich muss  händisch bis zur Sammelstelle getragen oder geschleppt werden. Anschließend transportieren die Mitarbeiter des örtlichen Bauhofs das Schnittgut mittels Teleskoplader zur Häckselstelle, wo das Material zu Hackschnitzel weiterverarbeitet wird.

Die Umsetzung der Pflegemaßnahmen trägt primär dazu bei, die Artenvielfalt des Storrens  zu erhalten und die Lebensräume für heimische Pflanzen und Tiere zu schützen. Konkret bedeutet dies:

Durch das Auflichten von Wachholdern wird sowohl die Anzahl der Büsche reduziert als auch  einer Massenvermehrung von Jungwuchs entgegengewirkt. Des Weiteren verhindern zu dicht stehende Wachholder die gleichmäßige Schafbeweidung, da die Tiere den gegenseitigen Blickkontakt suchen. 

Durch das Freilegen von Lesesteinriegeln werden diese intensiver von der Sonne erwärmt. Dies fördert den Lebensraum für Insekten und Reptilien. 

Wird eine Hecke nicht gepflegt, überaltert diese und fällt in sich zusammen, sie verhockt. Bedingt durch den Zerfall dringt weniger Licht in den unteren Bereich, wodurch jegliche Pflanzen dort absterben. Die Hecke ist tot! Die vom Schwarzwaldverein durchgeführte Heckenpflege folgt dem Grundsatz „unten dicht und oben licht“. Hierbei wird die Hecke auf Stock gesetzt, somit kann wieder eine intakte Hecke bestehend aus Saumzone, Mantelzone und Kernzone heranwachsen. Es entstehen wertvolle Biotope für Niederwild, Vögel, Insekten, Reptilien und Amphibien. Im Winter sind die Früchte von Schlehe, Vogelbeere, Holunder und Weissdorn die Nahrung unserer Standvögel (Amsel, Spatz, Elster, Meisen). 

Durch Samenflug vom benachbarten Wald nimmt die Verbuschung im Schattenbereich überhand, standorttypische Pflanzen werden dadurch verdrängt. Dem wird durch eine kontinuierliche Entfernung mit dem Freischneider entgegengewirkt.

Der Storren mit seinen Biotopen bietet zu jeder Jahreszeit interessante Einblicke in die sich laufend ändernde Flora. Für den aufmerksamen Naturfreund ist dies Balsam für die Seele. Beginnend im zeitigen Frühjahr blüht der Huflattich, gefolgt von Schlehe, Schneeball und Weißdorn. Im Mai entfaltet der Wiesensalbei, gepaart mit Esparsette und Klappertopf, seine Schönheit. Mit etwas Glück entdeckt man die relativ seltene Orchidee Bocks-Riemenzunge, welche über längere Jahre verschwunden war. Die Silberdistel entfaltet ihre Blüte im Juli und bleibt uns nach der Blüte bis in den Herbst erhalten. Wenn der Raureif sich nach den ersten Nachtfrösten an den Hecken niederschlägt, verwandelt dieser den Storren in bizarre Bilder. So vielfältig wie die Flora können wir die Fauna erleben. An einem sonnigen Tag im Frühjahr sind mit etwas Glück auf den Steinriegeln die Mauereidechsen beim Sonnenbad zu entdecken. Die heimische Amsel flötet ihr Lied. Auch kehren die ersten Zugvögel von ihren Winterquartieren zurück. Singdrossel, Gartengrasmücke, Mönchsgrasmücke, Neuntöter (um 

nur einige wenige zu nennen) können wir auf dem Storren beobachten und hören. Nicht zu vergessen sind auch die noch zahlreich vorkommenden Insekten und Schmetterlinge. Die Rede ist von Wildbienen, Hummeln, Zitronenfalter, Kleiner Fuchs, Mauerfuchs, Tagpfauenauge, Hauhechel Bläuling, Segelfalter, Landkärtchen. Diese können von Frühjahr bis in den Herbst beobachtet werden. 

Wir können uns nur wünschen, dass wir und unsere Nachkommen uns noch lange an der Schönheit der Natur im Naturschutzgebiet  Storren erfreuen können!                                         

FalterDistel

Zum Schluss möchte ich mich bei allen Beteiligten bedanken, bei Rolf Breiting für seinen lebendigen Vortrag und reichlichen Diskussionen. Und vor allem bei unseren Gastgebern der Waldeckhofes Christel Walz mit Familie.

Dietrich Heller